Eine Diskussion zwischen Evolution, Geschichte und Farbempfinden
Gerade liegen die Weihnachtsfeiertage hinter uns, und wie jedes Jahr damit verbunden die Frage: „Was schenken wir den Kleinen?“ Gefolgt vom Aufschrei moderner, augenscheinlich bewusst handelnder Eltern:
„Aber bitte nichts in Rosa oder Hellblau – wir möchten unsere Kinder genderneutral erziehen.“
Was hat es mit Rosa und hellblau eigentlich auf sich. Warum beherrschen diese beiden Farben so ausdauernd die Diskussion?
Rosa war über die Jahrhunderte eine bevorzugte Jungenfarbe und wurde von der Konsumgüterindustrie erst Mitte des 20ten Jahrhunderts als Modefarbe für Mädchen entdeckt.
Einen entscheidenden Einfluss hatte die Ehefrau des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower.
Die liebevoll Mamie Eisenhower genannte First Lady hat Rosa geliebt und der Farbton Ihrer Robe zur Amtseinführung Ihres Mannes 1953 galt fortan als „First Lady Pink“. In Deutschland befindet man sich zu Beginn des Wirtschaftswunderjahrzehnts und Einflüsse und Anregungen aus Amerika wurden dankbar auf- und angenommen.
1959 ist die Geburtsstunde von Barbie und Mattel verpackte das Mädchenspielzeug konsequent in einem Karton, der im Farbton des „First Lady Pink“ gehalten war.
Wahrscheinlich waren dies ausschlaggebende Faktoren, die es einer Industrie leicht machten, diese Farbe teilweise bis heute als typisch mädchenhaft zu etablieren.
Dieser Brauch widerspricht allerdings unserer tradierten Farbsymbolik, nach der Rot eine typische männliche Farbe ist und Rosa, als kleines Rot, die Farbe der Jungen.
Rot und Rosa galten über Jahrhunderte als typisch männliche Farben
Das Ende der Monarchie nach dem 1. Weltkrieg spielte eine entscheidende Rolle. Die farbigen Militäruniformen in Rot, Blau oder Weiß wurden abgeschafft und in Folge durch Anzüge in Tarnfarben ersetzt. Die Moderevolution, die 1910 einsetzte und Frauen u.a. von Korsagen befreite, brachte zusätzlich eine eigene Kindermode hervor. Wurden Kinder bis dahin als kleine Erwachsene gekleidet, Jungen eben z.B. im kleinen Rot einer Militäruniform- in Rosa, sieht man auf alten Fotos der 1920er Jahre gerne weiße Marineuniformen und -kleidchen. Weißer Baumwollstoff war, im Gegensatz zu pastellfarbigen Stoffen, damals das einzige Material, das man sehr heiß waschen und somit nach dem Spielen wieder leicht reinigen konnte.
In den Jahrhunderten davor zieht sich Rosa als kleines Rot und Jungenfarbe durch die Gemälde. Betrachten Sie bei nächster Gelegenheit alte Meisterwerke genauer. Historische männliche Persönlichkeiten, die als Kinder oder junge Männer dargestellt wurden, tragen oftmals rosafarbene Anzüge.
Rot- ein teurer Farbstoff
Darüber hinaus war Rot die teuerste Farbe in der Herstellung. Ein Grund, neben zahlreichen farbpsychologischen Interpretationen, warum Jesus und Maria gerade auf alten Gemälden, in der Regel ein rotes Kleid tragen. Das kleine Jesuskind trägt auf vielen Gemälden das kleine Rote, ein rosarotes Kleid. Die zweitteuerste Farbe war ein leuchtendes Blau, das aus Pigmenten des kostbaren Lapislazuli hergestellt wurde. Dieser kostbare Farbton wurde Maria zugewiesen und so ist diese in der Regel mit einem blauen Umhang abgebildet.
Abgesehen von dieser Farbgeschichte, sind Rosa und Hellblau bis heute eine Diskussion wert und polarisieren die Gemüter.
Dominique Grisard hat Forschungsergebnisse seit Ende des 19. Jahrhunderts analysiert und in ihrer Metaanalyse herausgearbeitet, dass zahlreiche Studien aus der Entwicklungs-, Sozial-, Kognitions-, und Experimentalpsychologie, die sich mit den Präferenzen von Kindern für Rosa oder Hellblau beschäftigen, keine signifikanten Geschlechterunterschiede nachweisen würden. In einem Großteil der Studien sei Blau die Lieblingsfarbe von Jungen und Mädchen.
Die britischen Psychologinnen Anya Hurlbert und Yazhu Ling begründen die Vorliebe von Mädchen evolutionär. Ihrer Ansicht nach liegen die Ursachen in der urgeschichtlichen Arbeitsaufteilung von Männern und Frauen in Jäger und Sammlerinnen.Ihrer Aussage nach wären mit der Sensitivität von Mädchen für Rosa evolutionär die Farbwahrnehmung von reifen Beeren verbunden. Jedoch wird dieser Diskurs unter Wissenschaftlern*innen sehr kontrovers geführt.
Rosa – Therapie in JVA´s
s gibt aber auch sehr interessante empirische Studien zur Wirkung von Farben beim Menschen. Farbschwingungen regen jeweils andere Teile des Gehirns an und können so auch unterschiedliche emotionale Stimulanz haben.
„Wenn der Farbimpuls ins Auge kommt, wird er über das Zwischenhirn weitergeleitet. Im Zwischenhirn finden unsere hormonellen Steuerungen statt und man weiß aus Studien, dass Farbe dort unterbewusste Reaktionen auslösen kann. Genauso ein Effekt tritt bei Cool Down Pink in Erscheinung“,
so Daniela Späth im Sputnik-Interview mit Ilona Pfeffer.
Daniela Späth hat im Rahmen ihrer Forschung Rosatöne getestet, die sie als Cool Down Pink bezeichnet:
Abgesehen von dieser Farbgeschichte, sind Rosa und Hellblau bis heute eine Diskussion wert und polarisieren die Gemüter.
Dominique Grisard hat Forschungsergebnisse seit Ende des 19. Jahrhunderts analysiert und in ihrer Metaanalyse herausgearbeitet, dass zahlreiche Studien aus der Entwicklungs-, Sozial-, Kognitions-, und Experimentalpsychologie, die sich mit den Präferenzen von Kindern für Rosa oder Hellblau beschäftigen, keine signifikanten Geschlechterunterschiede nachweisen würden. In einem Großteil der Studien sei Blau die Lieblingsfarbe von Jungen und Mädchen.
Studien zufolge würde keine andere Farbe stärker auf die menschliche Psyche wirken. Cool-Down-Pink
- Unterbindet Aggressionen und Gewaltbereitschaft
- Fördert Vertrauen und Einfühlungsvermögen
- Vermittelt Nestwärme und Zärtlichkeit
- Gilt als wirksamer Gefühlsstabilisator
- Ist ein Gegenmittel bei Angstzuständen
Rosa Räume haben zu therapeutischen Zwecken mittlerweile Einzug in JVA´s und Pflegeeinrichtungen genommen.
Und zum Schluss, sei noch auf die kreative Seite von Rosa hingewiesen:
Warum hätte sich sonst das knallharte Wirtschaftsblatt, die Financial Times dafür entschieden seit dem 19ten Jahrhundert auf Rosa zu drucken. Der Verlag hat erkannt, dass die Farbe richtig eingesetzt, werbeträchtig ins Auge sticht.
Es ist ein weites interessantes Feld, steigt man in die Geschichte der Farben Rosa und Hellblau ein. Dieser Beitrag liefert nur einen ersten Ausschnitt des Themenfeldes. Farbgeschichtlich basieren diese primären Babyfarben auf den kostbarsten Rohstoffen, die zur Farberzeugung zur Verfügung standen. Unbestritten ist, dass die Konsumgüterindustrie diesen Trend wahrgenommen hat und darauf aufbaut. Es wurde aber auch in standardisierten Verfahren nachgewiesen, dass diese Farben in Ihrer spezifischen Schwingung bestimmte Wirkungen haben, die auf Vertrauen und Einfühlungsvermögen beruhend, einfach mehr der mädchenhaften Wahrnehmung entsprechen.
Es lohnt sicherlich, hier die Forschung weiter zu verfolgen…
Heller, E. (1989). Wie farben wirken. Reinbek: Rowohlt.
Grisard, D. (2014). Rosarot und Himmelblau Die Farbe süßer Beeren und des Himmels bei prächtigem Jagdwetter–oder warum Mädchen Rosa lieben. Ich Mann–Du Frau. Feste Rollen seit Urzeiten, 54-67.
https://www.zeit.de/2001/29/Maechtig_trocken_rosa
https://www.dold.ch/pim/dold-bau-emotionalcolorsystem-cooldownpink/